Auf ins Abenteuerland!

(Schrackmann, Petra: «An Awfully Big Adventure!» - J. M. Barries Peter Pan im medialen Transfer, Chronos / Populäre Literaturen und Medien, 2009, ISBN: 3034009917)

Man kennt ihn - den fliegenden Jungen, der niemals erwachsen werden will und stattdessen ein Abenteuer auf das andere im Nimmernimmerland erlebt. Peter Pan - sein Name ist ein Begriff: Bei bindungsunwilligen Männern spricht man von einem Peter-Pan-Syndrom. Robin Williams verkörperte Peter Pan im Spielbergfilm "Hook" (1991), der nur eine von vielen filmischen Adaptionen, Sequels oder Prequels ist. Nicht zuletzt nahm sich Disney des Stoffes an und bis 2004 entstand Regis Loisels Reihe von Peter-Pan-Comics.

Man kennt ihn also. Aber kennen wir ihn wirklich? Petra Schrackmann zeigt in ihrem Sachbuch "'An Awfully Big Adventure!' - J. M. Barries Peter Pan im medialen Transfer", wie sich die Figur des Peter Pan bereits im Werk der englischen Autors James Matthew Barries erst über mehrere Literaturgattungen zu der Figur entwickelte, als die wir sie durch den Roman "Peter and Wendy" aus dem Jahr 1911 oder dem Theaterstück "Peter Pan or The Boy Who Would Not Grow Up" kennen könnten. Doch gerade weil sich zeitgenössische Umsetzungen des Werkes vor allem bei populären Hollywood-Filmen oder weihnachtlichen Schulaufführungen auf nur wenige Aspekte des Werkes beziehen, wurden der Stoff und die Figur "Peter Pan" inzwischen auf wenige Merkmale reduziert, so dass heutige Leser bei der Lektüre der Originalfassung oft erstaunt sind, um wie viel komplexer und andersartiger diese doch ist.

Nach der einleitenden Analyse von Barries "Peter Pan"-Texten und einigen theoretischen Vorbetrachtungen ist man als Leser gut gerüstet für die sieben ausgewählten Umsetzungen des literarischen Textes in anderen Medien wie Film oder Comic. Den Darstellungen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden ist leicht zu folgen, und wenn man die genannten Adaptionen wie zum Beispiel den bereits erwähnten Film "Hook" kennt, stellt sich schnell so mancher Aha-Effekt ein. Besonders auffällig ist dabei, dass in den Umsetzungen, die nicht auf kindliche Rezipienten abzielen, das tragische Element des "ewigen Kindseins" mit seiner Einsamkeit, der Geschichts- sowie Entwicklungslosigkeit und den Grausamkeiten der scheinbar spaßigen Kinderwelt Peter Pans hervorgehoben werden. In den vermeintlich kindgerechten Umsetzungen wird die Lebenswelt des ewigen Jungen stets als großes Abenteuer dargestellt. Doch während der Lektüre des vorliegenden Sachbuches erschließt sich bald der gut gewählte Titel, denn nicht das Sterben an sich ist "ein schrecklich großes Abenteuer" sondern der Weg dorthin und damit das Leben. Durch ihre Untersuchung erschafft Strackmann denjenigen, die sich zum ersten Mal näher mit der "Ikone der Popkultur" Peter Pan beschäftigen, ein sehr differenziertes und vor allem durch die unterschiedlichen Medialisierungen komplexes Bild, bei dem schnell klar wird, dass das eigene Wissen um die Deutungsmöglichkeiten, die sich hinter dieser phantastischen Kindergeschichte verbergen, bisher recht eng begrenzt war.

Literatur-, film, oder kulturwissenschaftlich interessiertes Publikum wird über die untersuchten Primärtexte hinaus von der Vielzahl der zur wissenschaftlichen Analyse in diesem ursprünglich als Abschlussarbeit an einer philosophischen Fakultät angelegten Sachbuch herangezogenen Sekundärliteratur überzeugt sein. Doch nicht zuletzt macht diese Untersuchung einem jeden Lesepublikum große Lust, Barries Original zur Hand zu nehmen oder sich die Adaptionen anzusehen. Für ganz Eilige sind im Anhang die Handlungen aller herangezogenen Umsetzungen beschrieben, so dass man auch ohne genaue Kenntnis der Romane, Realspielfilme, Animationsfilme und Comics bei der Lektüre weiß, wovon die Autorin spricht, und auf recht unterhaltsame Art einen großen Erkenntnisgewinn davonträgt.


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veröffentlicht auf buchwurm.info, 2010
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