Geteiltes Glück ist vervielfachtes Glück

(Cheryl Jarvis: Ein Collier auf Reisen, Knaur, September 2008, S. 253, ISBN: 3426654547)

Als Jonell McLain ein Diamantencollier in einem Juweliergeschäft liegen sieht, fällt ihr neben den 118 Diamanten zunächst hauptsächlich der erhebliche Preisnachlass auf. Doch selbst zu diesem reduzierten Preis kann sie sich das Schmuckstück nicht leisten. Während ihre Gedanken um den Besitz der kostbaren Halskette kreisen, beschließt sie, ihre Freundinnen davon zu überzeugen, das Collier gemeinsam zu erwerben. Schließlich gelingt es ihr, 13 Frauen zusammenzutrommeln und die Kette, welche später auf den Namen „Juwelia“ getauft wird, gemeinsam mit ihnen zu erstehen.

Im Vierwochenrhythmus treffen sich die Frauen von da an, um das 15-Carat-Collier jeweils an die nächste Trägerin weiterzugeben. Es sind Frauen, die bereits mitten im Leben stehen. Sie alle haben sich in ihrer Welt eingerichtet und erwarten keine großen Veränderungen mehr. Neben Jonell ist da zum Beispiel Patti, die für den Konsum lebt und insbesondere Schmuck und Accessoires liebt. Ausgerechnet ihr macht das Collier bewusst, wie unwichtig solcher Besitz ist. Plötzlich beginnt sie zu schätzen, was sie bereits hat und sich von ihrem Überfluss zu trennen. Dale und Ted hingegen, die seit Jahren verheiratet sind, haben keine Probleme mit Shoppingsucht und Überfluss. Bei ihnen ist, seit sie in die 50er gekommen sind, ihr Liebesleben praktisch eingeschlafen. Mit dem Einzug von „Juwelia“ in ihr gemeinsames Schlafzimmer bekommt Sexualität wieder mehr Bedeutung.

So unterschiedlich wie die einzelnen Frauen und ihre Probleme sind, vereint sie jedoch die Tatsache, dass „Juwelia“ ihr Leben verändert. Es finden sich Freundinnen, die sich ohne diese Aktion niemals befreundet hätten. Wie Mary es ausdrückt: „Im Allgemeinen suchen wir uns Freunde, die uns ähnlich sind. Hätte ich mich dieser Gruppe nicht angeschlossen, hätte ich die Hälfte dieser Frauen niemals kennengelernt.“ Die unterschiedlichen Ansichten und Erlebnisse der Frauen, mit denen man sich nun jeden Monat in den Zusammenkünften auseinandersetzen muss, haben Mary weniger engstirnig werden lassen und ihren Horizont erweitert. Die Gruppe beginnt die Möglichkeiten zu erkennen, die sowohl „Juwelia“ selbst als auch der steigende Bekanntheitsgrat der Diamantenclique bieten. So vermarkten die Frauen z.B. ihre Geschichte und das Collier, um Spenden für gemeinnützige Aktionen zu sammeln.

Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein, wenn sich viele Menschen einen Gegenstand von großem Wert teilen. Die erste große Krise ist erreicht, als die Diskussion um eine „Betriebsvereinbarung“ beginnt. Diese endet darin, dass eine Kommanditgesellschaft gegründet wird, um Regeln für die Gruppe festzuschreiben. Mit dem Ausstieg einer der Frauen und dem Einstieg von Roz in die Gruppe verändert sich die Sicht auf „Juwelia“ erneut. Der Kreis um das Collier wächst. Es geht plötzlich nicht mehr nur darum, etwas Einmaliges zu besitzen sondern diesen Besitz zu teilen, um Freude zu schenken. Die Frauen beschließen, das Collier guten Freunden für besondere Anlässe zu leihen. Überschwänglich legen sie es auch wildfremden Personen um, die nur einmal ausprobieren möchten, wie es sich anfühlt, Diamanten zu tragen. „Juwelia“ wird zum sichtbaren Zeichen dessen, dass diese Person nicht allein ist, dass jemand hinter der Trägerin steht. Als Verkörperung der Frauenpower bringt sie die 13 Frauen dazu, ihr Leben hin zu einem aktiveren und selbstbestimmten zu wenden und sich ihren Möglichkeiten und der Wirkung als Gruppe bewusst zu werden. „Juwelia“ ist nicht länger ein Besitzsymbol sondern das Symbol einer einzigartigen Freundschaft.

In klaren übersichtlichen Sätzen schildert Cheryl Jarvis die Geschichte der 13 Frauen, welche sie dabei selbst zu Wort kommen lässt. Es ist keine herausfordernde Literatur sondern die Geschichte eines einzigartigen Experiments bei dem alle nur gewinnen und der Leser wieder an das Gute um Menschen zu glauben beginnt und daran, dass es nicht der Besitz ist, der glücklich macht sondern das Teilen.


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veröffentlicht auf literaturreport 2008
Copyright © 2008 Corinna Hein