Aus Liebe

(Sabrina Fox: Mrs. Fox will wieder heim: Wie ich die Amerikaner verstehen und die Deutschen lieben lernte, Droemer/Knaur, S.333, ISBN 3426780143)

In Zeiten des Internets und eines regen Emailverkehrs mag es weniger unwahrscheinlich oder abenteuerlich klingen, dass man mit Ende 20 als deutsche Frau einen Ausländer kennen und lieben lernt, ihn wenig später heiratet und zu ihm in ein eher unbekanntes Land zieht. Doch noch vor knapp 30 Jahren war dieser Schritt ein ungewöhnliches Wagnis; so unternommen von der deutschen Redakteurin und Moderatorin Sabrina Fox, geb. Lallinger.

17 Jahre ihres Lebens verbringt sie in L.A., die überwiegende Zahl davon mit ihrem Ehemann aus der Filmbranche. Ist sie zunächst vollauf damit beschäftigt, die Sprache zu erlernen und ein Heim einzurichten, muss sie wenig später bereits erkennen, dass man sie in L.A. eher als Anhängsel ihres erfolgreichen Mannes betrachtet. In der Rolle des schmückenden Beiwerks ohne eigene Meinung fühlt sie sich schnell unwohl und sucht nach sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten. Natürlich hätte Sabrina Fox den Status ihres Ehemannes ausnutzen und in der Filmbranche Fuß fassen können. Doch das steht für sie nicht zur Debatte. Stattdessen beginnt sie zusätzlich zu ihren Aufgaben als Produzentenfrau und als Mutter einer Tochter, welcher sie das vorliegende Buch gewidmet hat, spirituell und künstlerisch zu bilden. Neben Moderationsjobs in Deutschland („Wahre Wunder“ z.B.) schreibt sie erfolgreich Bücher über spirituelles Leben und Engel, die in Deutschland veröffentlicht werden. Mehrmals im Jahr reist sie in ihre frühere Heimat zurück, um Lesungen zu absolvieren und Vorträge zu halten. Von Mal zu Mal stellt sie dabei fest, wie sich die Welten Amerika und Deutschland unterscheiden, bzw. wo die Vorteile oder Nachteile des Lebens in diesen recht unterschiedlichen Welten liegen.

Genau an dieser sich verändernden Sicht auf Länder und Leute lässt Sarina Fox die Leser ihres Buches teilhaben. Wer daher ein weiteres spirituell angehauchtes Buch über Engel oder gar ein Buch über den Klatsch und tratsch Hollywoods erwartet, der liegt hier völlig falsch. Intime Bereiche und berühmte Zeitgenossen werden nur respektvoll gestreift oder ganz außen vor gelassen. „Mrs. Fox will wieder heim“ ist eine diskret geschilderte humorvolle Einführung in die Eigenarten des amerikanischen Alltagslebens im Allgemeinen und in das Leben in der sich wandelnden amerikanischen Metropole L.A. im Besonderen.

Wie Sabrina Fox selbst gegenüber erschließen sich die Macken der Amerikaner auch dem Leser nicht immer. Zum Schmunzeln laden sie und der selbstkritische Blick auf die eigene Naivität der Autorin aber gewiss ein. Der Leser erfährt z.B. vom bizarren Leben mit der ständigen Gefahr von Erdbeben und wie man sich darauf vorbereitet. Man lernt wie man sich in amerikanischen Restaurants verhält, komplizierte Formeln zur Regelung von Dates versteht, zwischen Freunden und Bekannten unterscheidet, sich die richtigen Statussymbole zulegt, dass man immer perfekt gepflegt aussehen sollte und, dass man ein guter und vom Land begeisterter Amerikaner werden kann, wenn man nicht gerade aus Europa kommt. Auf witzige und unterhaltsame Art wird das Aufwachsen von Kindern in einer Welt beschrieben, in der man sich bereits als Heranwachsender äußerlich perfekt, moralisch gefestigt sowie sozial engagiert zeigen muss, um die besten Grundsteine für seine Zukunft zu legen.

Auch auf die Ereignisse rund um den 9. September 2002 geht die Autorin ein. In mitfühlender Art und Weise beschreibt sie den Schockzustand, der das Land lähmte und die Menschen in ihrer Trauer und Angst einander näher gebracht hat. Selbst durch dieses schwierige Thema, welches auch die amerikanische Bevölkerung politisch gespalten hat, manövriert sich Frau Fox sensibel und dennoch mit Witz, um es uns ohne Betroffenheitsgetue näher zu bringen. „Bei allem Schmerz, bei allem Drama, bei allem, was schwierig ist an diesem Krieg, gibt es eine Art Humor, wie er wohl nur hier möglich ist. Der unentschuldigt einfach nur dasteht. Zum Beispiel wie der Besitzer eines Autos, hinter dem ich parkte, mit einem Aufkleber seine Hoffnung ausdrückte, George W. Bush irgendwie loszuwerden: ‚Can somebody give this guy a blowjob?’ (‚Kann irgendjemand diesem Kerl bitte einen blasen?’“.

Zwischen die einzelnen Kapitel sind in Abständen „Deutschlandbarometer“ eingefügt. Diese spiegeln die aktuelle Sicht auf Deutschland wider, welche sich natürlich mit den Jahren verändert. Alles in allem führt Frau Fox’ Pendelleben zwischen Amerika und Deutschland, ihre Scheidung und eine neue alte Liebe dazu, dass sie nach 17 Jahren Amerika zurück nach München zieht, um noch einmal in ihrem Leben (beinahe) von vorn anzufangen. Dennoch fällt ihr der Abschied von Amerika plötzlich nicht viel leichter als ihr Abschied von Deutschland. Vieles hat sich verändert, lieb gewonnene amerikanische Gewohnheiten und so profane Dinge wie ein Tee oder eine Reissorte fehlen ihr plötzlich in München. Doch alles in allem ist der Ausblick auf die Zukunft in Deutschland, das Leben mit einem deutschen Mann und das Wohl ihrer Tochter optimistisch; vor allem weil sie sich ein bisschen Amerika in ihrem Wesen bewahrt hat: Sie gestatt sich witzig, ehrlich und offen auch über die Dinge zu sprechen, die sie liebt, und nicht die uns deutschen eigene Kritik in den Vordergrund zu stellen.

Als ein Erfahrungsbericht geht das Buch nicht über die persönlichen Erlebnisse von Sabrina Fox hinaus. Dabei handelt es sich um ein Leben in der gesellschaftlichen Oberschicht der Staaten. Doch da sie in ihrer Arbeit für die Sozialorganisation „Hope“ auch Erfahrungen mit Gewalt, Drogen und Vernachlässigung von Kindern gemacht hat, begegnen dem Leser hier auch die dunklen Seiten der amerikanischen Großstadt. Alles in allem jedoch ist „Mrs. Fox will wieder heim“ das Buch einer starken und mutigen Frau, das geprägt von Respekt und Liebe Verständnis für die amerikanische Seele in seinen Lesern weckt und aufzeigt, warum wir bei aller Abenteuerlust und trotz des trendigen Themas „Auswanderung“ gern in Deutschland leben – genau das richtige Buch, um sich an einem warmen Sommertag schmunzelnd gut unterhalten zu fühlen.


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veröffentlicht auf literaturreport, 2008
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