Der ganz normale Wahnsinn zwischen Kindern und Beruf (Lili Stollowsky: Single Mama, Knaur, 2007, S. 127) Mehr als zwei Millionen allein erziehende Frauen meistern in unserem Land den täglichen Spagat zwischen Kindern, Haushalt, Beruf und eventuell einer neuen Beziehung. Dieser „ganz normale Wahnsinn“ gestaltet sich für manche Alleinerziehende offenbar schwieriger als für andere, was man leicht daran erkennen kann, dass immer wieder Kinder in Gefriertruhen, Blumenkästen oder Müllbeuteln enden. Die Autorin Lily Stollowsky war nach einer geschiedenen Ehe selbst für lange Zeit eine Single-Mama und weiß, wovon sie schreibt: zu wenig Zeit, zu wenig Geld sowie zu wenig Unterstützung durch den ehemaligen oder den neuen Partner. Dennoch hat die gelernte Hebamme und Säuglingsschwester ihren Mut und ihre Lust am Muttersein nie verloren. In ihrem „Survival-Guide für Alleinerziehende“ schildert sie, wie man die Meisterleistung erbringt, sowohl seine eigene als auch die Existenz der Kinder zu sichern, sie zu leistungsfähigen und zufriedenen Erwachsenen zu erziehen und neben den Details im Haushalt auch gleichzeitig die Kommunikation mit Lehrern, Ämtern und Behörden zu koordinieren sowie die eigenen Bedürfnisse dabei nicht aus den Augen zu verlieren. |
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Der Ratgeber ist dabei übersichtlich aufgebaut: Jeder der großen Themenkomplexe wie z.B. „Alleinerziehende gestern und vorgestern“, „Die Knete“, „Die Liebe“ oder „Alleinerziehende Väter“ wird mit einer Begebenheit oder einer kurzen Zusammenfassung von Fakten eingeleitet und danach diskutiert, um in ein grau unterlegtes Kästchen zu münden, in welchem Tipps und Tricks zusammengefasst sind, die das Leben einer/ eines Erleinerziehenden leichter machen sollen. In diesem Sinne ist das vorliegende Buch nicht nur ein Ratgeber sondern auch das auf dem knallig orangefarbenen Cover angekündigte „Mutmachbuch“. Ihre Thesen unterstreicht die Autorin dabei mit umfangreichem Datenmaterial des „Bundesministeriums für Familie, Frauen und Jugend“. Außerdem bringt sie mit einer großen Portion Galgenhumor und Schwung ihre eigenen Erfahrungen in das Buch ein. Der daraus resultierende flotte Schreibstil macht aus dem Ratgeber eine vergnügliche Lektüre für Zwischendurch. So heißt es zum Beispiel zum Thema „Pubertät“: „Pubertierende Kinder sind nicht niedlich und süß. Pubertierende Kinder helfen nicht im Haushalt. Sie sind unwillig, respektlos und kein bisschen liebenswürdig. Familienintern werden sie deshalb manchmal auch ‚Kotzbrocken’ genannt. Sie haben die falschen Freunde und die falschen Hobbys. Man kann sie nie alleine lassen. Weil sie dann Blödsinn machen. Haschisch rauchen, Alkohol trinken, brutale und doofe Computerspiele aus dem Internet laden, die Wohnung in einen Dreckhaufen verwandeln und Schule schwänzen. Pubertierende Kinder sind eine Herausforderung. – Eine ziemlich große Herausforderung. Und gleichzeitig sind sie eine fröhliche, liebenswerte, bunte und muntere Provokation. Eines Sonntagmorgens stehen sie wie üblich gegen 13.00 Uhr auf, färben sich die Haare grün, bauen sich mit ihren 1,85 Metern Körpergröße vor einem auf und sind ab sofort erwachsen.“ Besonders sympathisch ist, dass Lili Stollowsky nicht emanzipatorisch die Trommel für den Tausch der Geschlechterrollen schlägt. Vielmehr plädiert sie für einen liebevolleren Umgang der Menschen miteinander und einen stärkeren familiären Zusammenhalt. Als Alleinerziehende hat sie erfahren, wie wichtig auch Tanten, Onkel, Großeltern und Freunde sind. Jenseits aller Illusion wird die Tatsache deutlich, dass Erziehen und ganz besonders Alleinerziehen immer mit finanziellen Einbußen zu tun hat. Selbst nach dem Auszug der Kinder gelingt es kaum, den finanziellen Rückstand gegenüber gleichaltrigen Kinderlosen oder Ehepaaren mit Kind aufzuholen. Dennoch betont sie, dass Alleinerziehende Männer und Frauen ungleich reicher sind – an Lebenserfahrung, Selbstbewusstsein und Klarheit. Für die Situationen im Leben, in denen Lebenserfahrung und Klarheit noch wenig ausgeprägt sind, hat die Autoren ein umfangreiches Adressenverzeichnis hilfreicher Behörden und Ämter hinten angestellt. Darüber hinaus gibt ein Literaturverzeichnis Hinweise auf weitere Bücher zum Thema. Alles in allem ist Stollowsky also ein vergnügliches, humorvolles Buch gelungen, mit deren Hilfe die Tücken des Alltags nicht weniger tückisch doch meisterbar erscheinen. Nicht zuletzt wird es sogar vom „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“ als Lektüre empfohlen. |
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